Beitragserhöhung in der privaten Krankenversicherung
Aktuelle Übersicht zu den Beitragsanpassungen
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- Zum 01.01.2020 steigen bei allen Versicherern die Pflegebeiträge.
- Doch niedrige Zinsen und steigende Ausgaben belasten die Tarife in der PKV.
- Je nach Tarif und Gesellschaft sind Beitragsanpassungen von bis zu 15 Prozent möglich.
- Versicherte haben verschiedene Möglichkeiten, um den Beitrag zu senken.
- Im Schnitt wachsen die Beiträge für privat und gesetzlich Versicherte gleich stark.
Steigende Ausgaben verteuern einen Tarif in der privaten Krankenversicherung. So muss der Beitrag heraufgesetzt werden, wenn sich die Kosten für Medikamente oder medizinisches Personal erhöhen. Zunehmend wird die Kalkulation jedoch durch die steigende Lebenserwartung und die niedrigen Zinsen über den Haufen geworfen. Durch die Niedrigzinsen werfen die Altersrückstellungen nicht mehr genug ab. Die Folge: Geringe Zinsen führen in der privaten Krankenversicherung zu höheren Beiträgen. Welche privaten Krankenversicherungen besonders betroffen sind, zeigen wir Ihnen in der Übersicht. In diesem Jahr kommt eine massive Anpassung der Pflegebeiträge hinzu. Hier wirken sich die Verbesserungen bei den Pflegeleistungen aus.
Dennoch: Laut einer aktuellen Studie des Wissenschaftlichen Instituts der PKV sind die Beiträge für Privatversicherte in den letzten 10 Jahren geringer gestiegen als bei gesetzlich Krankenversicherten. Im Schnitt mussten Privatversicherte einen jährlichen Prämienanstieg von 2,3 Prozent verkraften. Bei Kassenpatienten lag das Plus im gleichen Zeitraum hingegen bei 3,8 Prozent.
PKV Beitragserhöhung 2020: Hier steigen die PKV-Tarife
Während in der gesetzlichen Krankenversicherung der Höchstbeitrag gesetzlich festgelegt wird, kalkulieren die PKV-Anbieter die Tarifprämien nach eigenen Vorschriften. So kann es vorkommen, dass die Anpassungen in der privaten Krankenversicherung höher als in der GKV ausfallen.
Eine Anpassung erfolgt meist zum Stichtag 1. Januar. In diesem Fall werden die Schreiben zur PKV-Beitragserhöhung bis Ende November versendet. Eine Ausnahme bildet die DKV (01.04.).
Übrigens: Durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) müssen die Prämien in der privaten Pflegepflichtversicherung (Tarife PVN und PVB) deutlich angehoben werden.
Die Werte basieren auf Daten der Software Gewa-Comp, Meldungen der PKV-Versicherer und eigenen Recherchen.
Aktuell: Wie urteilt der BGH im Treuhänderstreit?
War die Beitragsanpassung für AXA-Kunden in den Jahren 2012 und 2013 rechtmäßig? Die AXA hatte in einigen Tarifen teilweise exorbitante Steigerungen. Im Kern des Verfahrens steht der Treuhänder, der nach Ansicht von Klägern nicht unabhängig war. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat im August 2018 pro AXA entschieden.
Während sich der Versicherer in dem Urteil bestätigt sind, warten de Kläger auf ein höchstrichterliches Urteil vom Bundesgerichtshof (BGH). Entscheiden die Richter zugunsten der Kunden, könnten diese auf Rückzahlung der zu viel gezahlten Prämien zzgl. Zinsen hoffen. Das Urteil könnte auch auf andere Versicherer wie die Allianz oder DKV ausstrahlen. Die Entscheidung des BGH wird bis Jahresende erwartet.
Tricks bei Anpassungen: So werden PKV-Versicherte besänftigt
Beitragsanpassungen in der PKV sind aufgrund des medizinischen Fortschritts unausweichlich. Ärgerlich ist, wenn der Beitrag von einem Jahr auf das andere um bis zu 80 Euro steigt. Um Versicherte zu beruhigen, lassen sich einige Anbieter besondere Maßnahmen einfallen. Folgende "Tricks" werden in der privaten Krankenversicherung angewendet:
Treuebonus / Tarifbonus / Nachlass: Für Bestandskunden gibt es eine zeitlich befristete Gutschrift. Der Versicherer gewährt einen Beitragsrabatt von z.B. 30 Euro im Monat. Damit wird die Beitragsanpassung abgemildert. Was viele Versicherte jedoch nicht wissen: Entfällt die Gutschrift nach einem Jahr, bedeutet dies faktisch die nächste saftige Erhöhung. Denn ein Bonus wird aus Überschüssen des Versicherers finanziert. Bei steigenden Kosten und geringeren Kapitalerträgen entfällt der Bonus. Lassen Sie sich also von dieser kurzfristigen Maßnahme nicht blenden.
Erhöhung des Selbstbehalts: Konstanter Beitrag, aber höhere Selbstbeteiligung - mancher Versicherer greift zu diesem Mittel, um den Versicherungsschutz auf den ersten Blick nicht zu verteuern. Dies belastet den Kunden zwar erst, wenn Rechnungen eingereicht werden, stellt im Kern jedoch eine "versteckte" Beitragsanpassung dar.
Warum steigt der Beitrag in der PKV?
So vielschichtig wie die Tarife sind auch die Gründe für eine Beitragserhöhung. Zur Panikmache besteht jedoch kein Anlass, wie der Verbandsdirektor des PKV-Verbands, Volker Leienbach, betont. Denn nach Analysen des Wissenschaftlichen Instituts der PKV lagen die Steigerungen in der PKV zwischen 2008 bis 2018 bei 3,05 Prozent im Jahr. Für gesetzlich Versicherte lag die Anpassungsrate im selben Zeitraum bei 3,28 Prozent.
- Steigende Gesundheitskosten: Höhere Löhne für medizinisches Personal und neue Medikamente führen u.a. zu einem stetigen Anstieg der Gesundheitskosten. In der PKV gab es in den letzten 10 Jahren z.B. im Bereich der stationären Leistungen eine Kostenanstieg von 41%. Die Kosten für Zahnbehandlung und Zahnersatz sind im gleichen Zeitraum sogar um 79% gestiegen.
- Sinkende Zinsen: Die Zinsen, die die privaten Krankenversicherer für die Altersrückstellungen erwirtschaften, sind seit Jahren auf Talfahrt. Sinkt der Rechnungszins zur Beitragskalkulation, müssen die Prämien angehoben werden. Eine Zinssenkung von 0,1 Prozentpunkten führt zu einer Beitragserhöhung von 1 bis 1,5 Prozent.
- Steigende Lebenserwartung: Laut Statistik (Sterbetafel 2014) ist die Lebenserwartung eines 30-jährigen Mannes von 79,7 Jahren im Jahr 1995 auf fast 85 Jahre im Jahr 2014 gestiegen. Diese zusätzlichen Lebensjahre müssen bei der Prämienberechnung berücksichtigt werden. Denn für die zusätzlichen Lebensjahre fallen Gesundheitskosten an. Durch die Bildung von Altersrückstellungen muss die PKV vorausschauend diese höheren Kosten bereits heute in den Beiträgen berücksichtigen.
- Bessere Diagnosen und Therapien: Der medizinische Fortschritt und die Forschung machen es möglich, dass heutzutage Krankheiten erfolgreich behandelt werden können, für die es vor einigen Jahren noch keine Hilfe gab. Gezielte Diagnosen durch neue (und teure) bildgebende Verfahren (z.B. Computertomografie) und modere Operationstechniken ermöglichen eine gezielte Behandlung und Operationen auch von älteren Versicherten. Doch dies hat seinen Preis.
- Zunahme von Volkskrankheiten: Stress, ungesunde Ernährung und wenig Bewegung sorgen für einen Anstieg bei Diabetes mellitus, Übergewicht oder Rückenerkrankungen. Auch dies führt zuzunehmenden Gesundheitskosten.
Die Beitragserhöhung kann das PKV-Unternehmen jedoch nicht willkürlich vornehmen. Vielmehr muss gemäß § 12b VAG ein unabhängiger Treuhänder der Beitragsanpassung zustimmen. Der Treuhänder stellt fest, ob die Anpassungssätze im Einklang mit den Kalkulationsvorschriften des Versicherungsgesetzes steht. Dazu müssen verschiedene Rechnungsgrundlagen und mathematische Formeln berücksichtigt werden.
Was können PKV-Kunden bei einer Beitragsanpassung tun?
Gerade ältere Kunden sind von einer Beitragserhöhung besonders betroffen. Denn höhere Krankheitskosten müssen über die Altersrückstellung in den Beitrag einkalkuliert werden. Aufgrund der fehlenden Ansparzeit ist dazu stets ein größerer Geldbetrag erforderlich als bei jungen Versicherten.
- PKV-Tarifwechsel: Jeder Privatversicherte kann in einen anderen, günstigeren Tarif seines Versicherers wechseln. Darauf besteht ein Rechtsanspruch. Beim Tarifwechsel werden die vorhandenen Rücklagen angerechnet. Eine Gesundheitsprüfung erfolgt nur bei Mehr-Leistungen.
- Über 60-Jährige: Wer das 60. Lebensjahr vollendet hat, erhält in der Beitragsinformation einen konkreten Hinweis auf andere Tarife, wenn sie günstiger sind.
- Leitlinien des PKV-Verbandes: Ein Großteil der Versicherer hält sich freiwillig an bestimmte Richtlinien beim Wechsel des Tarifs. So wird Versicherten eine persönliche Beratung angeboten und eine Bearbeitung innerhalb von 15 Arbeitstagen zugesichert.
- Erhöhung der Selbstbeteiligung: Wer sich stärker an den Kosten beteiligt, kann den Beitrag (deutlich) senken.
- Beitragsentlastungstarif: Um hohen Beiträgen im Alter zu entgehen, empfiehlt die Stiftung Warentest einen speziellen Vorsorgetarif. Mit diesem Vorsorgeplan wird eine garantierte Beitragssenkung im Rentenalter erreicht. Dazu muss man in jungen Jahren einen höheren Beitrag entrichten, der verzinslich angelegt wird. Die Beitragsentlastungsprogramme sind als integrierter Bestandteil der privaten Krankenvollversicherung ebenfalls durch den Arbeitgeber zuschussfähig.
- Leistung verringern: Der Verzicht auf den Chefarzt im Krankenhaus oder den Heilpraktiker kann eine monatliche Beitragsersparnis von bis zu 100 Euro bringen. Doch Vorsicht: Wer später wieder auf diese Leistung zurückgreifen will, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen. Daher sollte man diesen Schritt nur nach ausführlicher Beratung über Vor- und Nachteile in Erwägung ziehen.
- Wechsel in Standard- oder Basistarif: Für ältere Versicherte hat der Gesetzgeber zwei Grundtarife eingeführt. Diese müssen von jedem PKV-Unternehmen angeboten werden. Die Leistungen orientieren sich am Katalog der gesetzlichen Kassen. Der Beitrag ist auf einen Höchstwert begrenzt. Häufig bietet der Tarifwechsel in einen "Normaltarif" höhere Einsparmöglichkeiten.
- Wechsel der Versicherung: Als letzte Möglichkeit bietet sich der Wechsel der privaten Krankenversicherung an. Zu beachten ist, dass in diesem Fall beim neuen Versicherer eine Gesundheitsprüfung stattfindet, die dazu führen kann, dass man den gewünschten Versicherungsschutz nicht erhält. In den meisten Fällen verbleiben die angesammelten Altersrückstellungen beim bisherigen Versicherer. Übrigens: Der Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung funktioniert nur unter ganz bestimmten Bedingungen.
Übrigens: Die Rückkehr in die GKV ist nur möglich, wenn das Einkommen des privat Versicherten unter die Versicherungspflichtgrenze fällt oder Arbeitslosigkeit eintritt. Ein Kunde, der bereits älter als 55 Jahre ist, kann nicht mehr in die gesetzliche Krankenkasse zurückkehren.
Zahlen zur Beitragsstabilität
Neben dem Leistungsumfang steht die Beitragsentwicklung der privaten Krankenversicherung bei der Bewertung eines PKV-Tarifs ganz oben. Verschiedene Rating-Agenturen bewerten daher die Beitragsstabilität.
Mehr Leistungen und besseren Service - genau diese Vorteile versprechen sich Kassenpatienten beim Wechsel in die private Krankenversicherung. Doch das Plus an Qualität hat seinen Preis: Die Prämien für PKV-Verträge legen jährlich zwischen 4 bis 6 Prozent zu. Je nach Tarif und Versicherer kann die Beitragsentwicklung auch darüber liegen. 35-jährige Privatpatienten müssen damit rechnen, dass sich ihre Prämien bis zum Rentenalter verdoppeln.
Beitragsstabilität der PKV-Anbieter im Vergleich
Nachfolgend ein paar Beispiele für Beitragsentwicklungen in Tarifen der privaten Krankenversicherung.
Hallesche (Werte gelten ab seit 2013)
- KS.1 +1,5% p.a.
- KS.2 +1,3% p.a.
- KS.3 +0,8% p.a.
- KS.Bonus +1,4 p.a.
- NK.1 +1,5% p.a.
- NK.2 +0,8% p.a.
- NK3. +0,3% p.a.
- NK.4 +3,6% p.a.
- NK.Bonus +0,8% p.a.
- PRIMO.Bonus Z +1,2% p.a.
- PRIMO.Bonus Z+ +1,4% p.a.
- PRIMO.SB Z1 +1,3% p.a.
- PRIMO.SB Z1+ +1,5% p.a.
- PRIMO.SB Z2 +0,0% p.a.
- PRIMO.SB Z2+ +0,2% p.a.
- PRIMO.SB Z3 -0,2% p.a.
- PRIMO.SB Z3+ -0,7% p.a.
Signal Iduna (Erhöhung p.a. 2013 - 2018)
- START +2,1%
- START-PLUS -3,4%
- KOMFORT 1 +5,2%
- KOMFORT-PLUS 1 0,0%
- EXKLUSIV 0 0,0%
- EXKLUSIV-PLUS 0 0,0%
Im Zeitraum 2009 bis 2018 lag die durchschnittliche Anpassungsrate für alle Privatversicherten bei 1,8 Prozent pro Jahr.
Häufige Fragen zur Krankenversicherung & Beitragsanpassung
Warum kommt es zu plötzlich stark steigenden Beiträgen?
Für Tariferhöhungen in der PKV gibt es gesetzliche Vorschriften. Für eine Beitragsanpassung müssen die Ausgaben für Versicherungsleistungen in einem Tarif um mindestens 10 Prozent höher liegen als ursprünglich angenommen. Dieser Schwellenwert wird zum Glück nicht jedes Jahr überschritten. Daher erfolgt auch keine Beitragserhöhung. Trotzdem verteuern sich medizinische Leistungen in jedem Jahr. Sobald der Schwellenwert überschritten wird, werden die Kostensteigerungen der letzten Jahre aufgeholt. Dadurch kommt es zu einer Beitragserhöhung in größerem Umfang.
Welche Rolle spielen die Niedrigzinsen für meine Krankenversicherung?
Für jeden Vertrag werden Altersrückstellungen gebildet. Dieser Sparbeitrag dient zur Abmilderung der höheren Kosten im Rentenalter. In der Vergangenheit lag der sogenannte Rechnungszins für alle Tarife bei 3,5 Prozent. Inzwischen mussten die Versicherer die Werte auf 2,5 bis 2,7 Prozent senken. Allerdings kann der Rechnungszins nur angepasst werden, wenn durch die Kostensteigerungen der Schwellenwert überschritten wird. Also erfolgt auch hier eine Anpassung auf einen Schlag. Dies führt zu sprunghaft steigenden Beiträgen.
Gibt es jedes Jahr eine starke Anpassung?
PKV-Beiträge dürfen nur angepasst werden, wenn die ursprüngliche Kalkulation nicht mehr stimmt. Dies ist z.B. bei stark steigenden Kosten oder sinkenden Zinsen der Fall. Wenn der Zins weiter auf dem niedrigen Niveau verharrt, kann es erneut zu überdurchschnittlichen Erhöhungen kommen. Im Gegenzug werden bei steigenden Zinsen die Prämien gesenkt, weil der Versicherer wachsende Zinserträge erzielt.
Wäre die GKV die bessere Wahl?
Die Entscheidung für eine Krankenversicherung sollte nicht allein vom Beitrag abhängig gemacht werden. Entscheidend für eine geeignete Versicherung sind die Qualität des Anbieters und die Versorgung im Krankheitsfall. In der PKV kann der Vertrag individuell gestaltet werden. So können z.B. Leistungen wie das Einbettzimmer im Krankenhaus eingeschlossen werden. Keine Budgetgrenzen für Ärzte, neue Diagnoseverfahren und Arzneimittel sorgen für einen umfassenden Schutz im Vergleich zur GKV.
Wie verläuft die PKV-Beitragsentwicklung bis zur Rente?
In den Medien kursieren "Horrorzahlen" über die Beitragsentwicklung in der privaten Krankenversicherung. Wer sich für die Private entscheidet, muss angeblich mit einer Verdopplung oder Verdreifachung der Prämien rechnen.
Vergleicht man die gesetzliche und private Versicherung fällt auf, dass die Entwicklung in beiden Systemen ähnlich verläuft. So musste in freiwillig Versicherter in der gesetzlichen Krankenkasse im Jahr 1980 etwa 230 Euro monatlich bezahlen. Im Jahr 2018 liegt dieser Wert bereits bei rund 690 Euro - und das trotz zahlreicher Reformen. Auch bei den privaten Anbietern ist die Beitragsentwicklung ähnlich verlaufen. Im Unterschied zur GKV kann die PKV die Leistungen jedoch nicht kürzen (Vgl. aktuelle Zahlen des IGES-Instituts).
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